Ich gehöre definitiv zu den Leuten, sich von den Medien beeinflussen lassen und von diesen Einflüssen verändert werden. Damit meine ich jetzt noch nicht mal, dass ich mir, nachdem ich X-Men gesehen habe, Strohhalme zwischen die Finger gesteckt habe um Wolverine-artige Klauen zu haben. Das ist einfach nur Wahnsinn, und über den will ich jetzt gar nicht berichten.
Mir geht es darum, wenn etwas dein ganzes Weltbild entrückt. Wo es dich emotional und geistig ordentlich durchbeutelt. So wie etwa "Akira", wo das Ende einfach so absolut keinen Sinn ergibt, aber man die Bedeutung irgendwie spürt... am Rande der eigenen Wahrnehmung. Oder "Neon Genesis Evangelion", wo ich, nachdem ich die Serie zu Ende gesehen hatte, eine knappe Woche lang nicht wirklich ansprechbar war, und einfach nur dagesessen bin um darüber nachzudenken, was da alles passiert ist.
Etwas von diesem Kaliber ist 'Braid' - ein kürzlich veröffentlichtes Spiel auf Xbox Live. Grundsätzlich stellt sich Braid als Plattformer dar, also ein Spiel in dem man von links nach rechts läuft, über Plattformen und Abgründe hüpft. Hinzu kommen kleine, stoisch wandernde Wesen, über die man drüber oder ihnen auf den Kopf hüpft. Und wenn man am Levelende anlangt, wird einem erklärt dass die gesuchte Prinzessin in einem anderen Schloß sein muss. So weit so Mario, nur dass der Protagonist Tim heißt, und statt nem roten Overall einen Anzug trägt.
Hinzu kommt, das Tim die Zeit kontrollieren kann. So kann er zum Beispiel, sollte er einen Sprung versauen und in einen Abgrund stürzen oder einem 'Goomba' nicht rechtzeitig ausweichen können, einfach das geschehen ein Stück zurück spulen und es nochmal probieren.
Jede der 6 Welten die Tim durchläuft, unterliegt aber ihren eigenen Gesetzen und somit wird diese Spezialfähigkeit in immer neuen Arten gefordert. Jede Welt ist gerade solange, dass sich die Anforderung ändert, sobald man das Prinzip komplett durchschaut hat :)
Doch all das, inklusive der Tatsache, dass es sich um ein Spiel handelt, ist lediglich das Grundgerüst und die Fassade. All das sind nur die Mittel zum Zweck. Braid bedient sich einfach der, für Gamer gewohnten, Mechaniken und Stilelemente. Denn nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass Tim nicht wirklich nach einer Prinzessin sucht, einer Frau hinterher jägt, die ihm gestohlen wurde. Ja, schlimmer noch... am Ende der 'letzten' Welt bekommt Tim die Auskunft "Bist Du dir sicher, dass es die Prinzessin überhaupt gibt?". Tim's Prinzessin ist also eine Sehnsucht, ein Wunsch, eine Vorstellung.
Braid setzt einen in einem Haus ab, in dem jeder Raum den Zugang zu einer der Welten liefert. Zu Beginn ist nur Welt 2 freigeschalten, und man kann leicht einfach nur die Stages durchlaufen und so Welt um Welt freischalten. Es versteht sich nun von selbst, dass das aber nicht das Ziel von Braid ist.
In jeder der 5 Welten gibt es 12 Puzzle-Teile zu sammeln, die teilweise leicht zu erreichen sind und am Weg liegen, aber vorallem in den späteren Teilen einiges an Aufwand benötigen. Vorallem weil sie mit komplizierten Rätseln versehen sind, die man nur lösen kann, wenn man die Zeitmanipulation richtig einsetzt und die aktuellen Gesetze der Welt beachtet.
Allein über die Tatsache wie das Spiel mit der Zeit umgeht, und mit den Effekten die man erzielt, wenn man sie manipuliert, ist Braid eine Offenbarung. Das Spiel verlangt von einem, das man alles was man über Zeit weiß vergisst, und dann unter dem Aspekt dieser Fähigkeit neu lernt. Und besonders wenn man dann die Rätsel löst um die Puzzleteile zu bekommen, ist es einfach spannend sich mit diesen Mechaniken auseinander zu setzen.
Jede Welt hat außerdem ein eigenes Hintergrundthema, das einem auch über Texttafeln am Anfang in einer Zwischenwelt aus Wolken mit schwammigen und metapherreichen Geschichten aus Tims Leben dargestellt wird. Auch hier erfährt man mehr über Tim und seine Suche nach der Prinzessin, erfährt aber auch, dass er seine Familie für diese Suche verlassen hat. Man bekommt aber auch ein Gefühl dafür Tim zu sein, denn die Texte sind so gehalten, dass wohl jeder selbsterlebtes hineininterpretieren kann.
Wenn man es schafft alle Puzzleteile aus allen Welten zusammen zu tragen, muss man die Steine zu einem Bild zusammen fügen, dass dann auch in dem entsprechenden Zimmer an der Wand hängt. Natürlich sind diese Bilder auch wieder Teile eines größeren Rätsels, und erzählen auch eine eigene Geschichte, bzw helfen sie, die Aussage der jeweiligen Welt zu unterstreichen.
Sind alle 5 Bilder komplett zusammen gesetzt, eröffnet sich einem der Weg zu Welt 1 - und auch wenn es einem nun eigentlich erscheint, als würde man das Ende des Spiels erreichen, dreht Braid den Spieß mal wieder um. Und mit diesem Kniff, erreicht das Spiel nun genau das, wo es mich komplett packt und durchschüttelt.
Zu Beginn dieser Welt, erzählen einem die Texttafeln, dass sich Tim fühlt, als würde etwas komplett verkehrt laufen in der Welt. Und als in den folgenden Stages nun die Ereignisse rückwärts laufen und man sie durch das zurück spulen also vorwärts laufen lässt, hat sich in mir ein Gefühl manifestiert, das kaum zu beschreiben ist. Aber Braid lässt nicht locker.
Denn plötzlich sieht man wie die Prinzessin von einem schwarzen Ritter entführt wird, sie kann entkommen, der schwarze Ritter flucht und schreit und gebärdet sich so wild, dass eine Feuerwalze von links durchs Bild zieht. Tim und die Prinzessin flüchten, sie an der Oberfläche er durch die Höhlen darunter, und sie geben sich gegenseitig Hilfestellung, legen Hebel um, öffnen Tore... und letztendlich schaffen sie es dem Feuertod zu entkommen und Tim erreicht die Prinzessin. Und die Zeit bleibt stehen.
Das einzige was man nun tun kann, und aus einem gewissen Kniff heraus auch möchte, ist die Zeit zurück zu spulen... nur dass es nun so wirkt, als ob Tim die Prinzessin jagt, und statt sich gegenseitig zu helfen, wirkt es so als ob sie sich gegenseitig behindern wollen. Im Endeffekt flüchtet die Prinzessin in die Arme des Ritters, der sie vor Tim schützt und rettet.
Wie soll man das verkraften?
Der folgende Epilog aus Texttafeln schlägt dann in die selbe Kerbe wie auch schon Akira. Man bekommt Informationen mit denen man nichts anfangen kann, die mehr Fragen aufwerfen, die dich dazu bringen, über das Geschehene nachzudenken. Und mehr noch, was in deinem Leben geschehen ist, oder noch geschehen wird, das dazu im Bezug steht.
Viele der Texte lassen wieder interessante Interpretationen zu - zb ein bekanntes Zitat Oppenheimers.
Es gibt an Braid nichts was nicht stimmt. Vielleicht sind manche Texte zu gewollt. Und man mag argumentieren, dass hier versucht wird eine Message ganz dick aufzutragen. Aber sowohl der Artstyle, als auch die Musik, die Mechaniken am Werk, und vorallem das Script sind einfach nur phänomenal.
Die Diskussion ob Computerspiele Kunst seien, sollte mit diesem Spiel eigentlich beendet werden - besser kann es kaum noch werden.
- BM out -
PS: Das Ganze mag wirr erscheinen, aber ich kann offensichtlich nicht alle Gefühle und Gedanken bezüglich Braid in eine kohärente Form bringen.
Mir geht es darum, wenn etwas dein ganzes Weltbild entrückt. Wo es dich emotional und geistig ordentlich durchbeutelt. So wie etwa "Akira", wo das Ende einfach so absolut keinen Sinn ergibt, aber man die Bedeutung irgendwie spürt... am Rande der eigenen Wahrnehmung. Oder "Neon Genesis Evangelion", wo ich, nachdem ich die Serie zu Ende gesehen hatte, eine knappe Woche lang nicht wirklich ansprechbar war, und einfach nur dagesessen bin um darüber nachzudenken, was da alles passiert ist.
Etwas von diesem Kaliber ist 'Braid' - ein kürzlich veröffentlichtes Spiel auf Xbox Live. Grundsätzlich stellt sich Braid als Plattformer dar, also ein Spiel in dem man von links nach rechts läuft, über Plattformen und Abgründe hüpft. Hinzu kommen kleine, stoisch wandernde Wesen, über die man drüber oder ihnen auf den Kopf hüpft. Und wenn man am Levelende anlangt, wird einem erklärt dass die gesuchte Prinzessin in einem anderen Schloß sein muss. So weit so Mario, nur dass der Protagonist Tim heißt, und statt nem roten Overall einen Anzug trägt.
Hinzu kommt, das Tim die Zeit kontrollieren kann. So kann er zum Beispiel, sollte er einen Sprung versauen und in einen Abgrund stürzen oder einem 'Goomba' nicht rechtzeitig ausweichen können, einfach das geschehen ein Stück zurück spulen und es nochmal probieren.
Jede der 6 Welten die Tim durchläuft, unterliegt aber ihren eigenen Gesetzen und somit wird diese Spezialfähigkeit in immer neuen Arten gefordert. Jede Welt ist gerade solange, dass sich die Anforderung ändert, sobald man das Prinzip komplett durchschaut hat :)
Doch all das, inklusive der Tatsache, dass es sich um ein Spiel handelt, ist lediglich das Grundgerüst und die Fassade. All das sind nur die Mittel zum Zweck. Braid bedient sich einfach der, für Gamer gewohnten, Mechaniken und Stilelemente. Denn nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass Tim nicht wirklich nach einer Prinzessin sucht, einer Frau hinterher jägt, die ihm gestohlen wurde. Ja, schlimmer noch... am Ende der 'letzten' Welt bekommt Tim die Auskunft "Bist Du dir sicher, dass es die Prinzessin überhaupt gibt?". Tim's Prinzessin ist also eine Sehnsucht, ein Wunsch, eine Vorstellung.
Braid setzt einen in einem Haus ab, in dem jeder Raum den Zugang zu einer der Welten liefert. Zu Beginn ist nur Welt 2 freigeschalten, und man kann leicht einfach nur die Stages durchlaufen und so Welt um Welt freischalten. Es versteht sich nun von selbst, dass das aber nicht das Ziel von Braid ist.
In jeder der 5 Welten gibt es 12 Puzzle-Teile zu sammeln, die teilweise leicht zu erreichen sind und am Weg liegen, aber vorallem in den späteren Teilen einiges an Aufwand benötigen. Vorallem weil sie mit komplizierten Rätseln versehen sind, die man nur lösen kann, wenn man die Zeitmanipulation richtig einsetzt und die aktuellen Gesetze der Welt beachtet.
Allein über die Tatsache wie das Spiel mit der Zeit umgeht, und mit den Effekten die man erzielt, wenn man sie manipuliert, ist Braid eine Offenbarung. Das Spiel verlangt von einem, das man alles was man über Zeit weiß vergisst, und dann unter dem Aspekt dieser Fähigkeit neu lernt. Und besonders wenn man dann die Rätsel löst um die Puzzleteile zu bekommen, ist es einfach spannend sich mit diesen Mechaniken auseinander zu setzen.
Jede Welt hat außerdem ein eigenes Hintergrundthema, das einem auch über Texttafeln am Anfang in einer Zwischenwelt aus Wolken mit schwammigen und metapherreichen Geschichten aus Tims Leben dargestellt wird. Auch hier erfährt man mehr über Tim und seine Suche nach der Prinzessin, erfährt aber auch, dass er seine Familie für diese Suche verlassen hat. Man bekommt aber auch ein Gefühl dafür Tim zu sein, denn die Texte sind so gehalten, dass wohl jeder selbsterlebtes hineininterpretieren kann.
Wenn man es schafft alle Puzzleteile aus allen Welten zusammen zu tragen, muss man die Steine zu einem Bild zusammen fügen, dass dann auch in dem entsprechenden Zimmer an der Wand hängt. Natürlich sind diese Bilder auch wieder Teile eines größeren Rätsels, und erzählen auch eine eigene Geschichte, bzw helfen sie, die Aussage der jeweiligen Welt zu unterstreichen.
Sind alle 5 Bilder komplett zusammen gesetzt, eröffnet sich einem der Weg zu Welt 1 - und auch wenn es einem nun eigentlich erscheint, als würde man das Ende des Spiels erreichen, dreht Braid den Spieß mal wieder um. Und mit diesem Kniff, erreicht das Spiel nun genau das, wo es mich komplett packt und durchschüttelt.
Zu Beginn dieser Welt, erzählen einem die Texttafeln, dass sich Tim fühlt, als würde etwas komplett verkehrt laufen in der Welt. Und als in den folgenden Stages nun die Ereignisse rückwärts laufen und man sie durch das zurück spulen also vorwärts laufen lässt, hat sich in mir ein Gefühl manifestiert, das kaum zu beschreiben ist. Aber Braid lässt nicht locker.
Denn plötzlich sieht man wie die Prinzessin von einem schwarzen Ritter entführt wird, sie kann entkommen, der schwarze Ritter flucht und schreit und gebärdet sich so wild, dass eine Feuerwalze von links durchs Bild zieht. Tim und die Prinzessin flüchten, sie an der Oberfläche er durch die Höhlen darunter, und sie geben sich gegenseitig Hilfestellung, legen Hebel um, öffnen Tore... und letztendlich schaffen sie es dem Feuertod zu entkommen und Tim erreicht die Prinzessin. Und die Zeit bleibt stehen.
Das einzige was man nun tun kann, und aus einem gewissen Kniff heraus auch möchte, ist die Zeit zurück zu spulen... nur dass es nun so wirkt, als ob Tim die Prinzessin jagt, und statt sich gegenseitig zu helfen, wirkt es so als ob sie sich gegenseitig behindern wollen. Im Endeffekt flüchtet die Prinzessin in die Arme des Ritters, der sie vor Tim schützt und rettet.
Wie soll man das verkraften?
Der folgende Epilog aus Texttafeln schlägt dann in die selbe Kerbe wie auch schon Akira. Man bekommt Informationen mit denen man nichts anfangen kann, die mehr Fragen aufwerfen, die dich dazu bringen, über das Geschehene nachzudenken. Und mehr noch, was in deinem Leben geschehen ist, oder noch geschehen wird, das dazu im Bezug steht.
Viele der Texte lassen wieder interessante Interpretationen zu - zb ein bekanntes Zitat Oppenheimers.
Es gibt an Braid nichts was nicht stimmt. Vielleicht sind manche Texte zu gewollt. Und man mag argumentieren, dass hier versucht wird eine Message ganz dick aufzutragen. Aber sowohl der Artstyle, als auch die Musik, die Mechaniken am Werk, und vorallem das Script sind einfach nur phänomenal.
Die Diskussion ob Computerspiele Kunst seien, sollte mit diesem Spiel eigentlich beendet werden - besser kann es kaum noch werden.
- BM out -
PS: Das Ganze mag wirr erscheinen, aber ich kann offensichtlich nicht alle Gefühle und Gedanken bezüglich Braid in eine kohärente Form bringen.
Black_Mage - am Montag, 18. August 2008, 09:02 - Rubrik: Gespieltes