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12 A3-Bögen. Eine ehemalige Tischunterlage, genauer gesagt. Ein Manifest, ein Zeitzeuge aus Papier. Das habe ich heute beim Ausmisten eines Kastens entdeckt, und damit habe ich mich die letzte Stunde beschäftigt.

Diese Zetteln sind von dem Schreibtisch meiner ersten 'richtigen' Arbeit nach der Schule. Eine Yacht-Charter-Firma. Ich habe die Arbeit dort gehasst, und es hat mich ziemlich kaputt gemacht. Dennoch hab ich es ein knappes Jahr dort ausgehalten. Die Gründe, warum ich dort so unglücklich war, sind vielerlei Natur und tun auch gar nix zur Sache. Jetzt geht es einzig und allein um diese 12 rießigen Papierbögen.

Die sind von oben bis unten vollgekritzelt. Manche dichter, manche weniger. Alle haben sie natürlich Telefonnotizen, Kunden und Aktenkürzel, Flughafen-Codes (ich war dort für die Flugbuchungen verantwortlich) drauf geschmiert. Zitate aus damals aktuellen Games und Filmen, sowie Textfragmente verschiedener Lieder sind selbstverständlich genauso Bestandteil dieser Collage. Das übliche Zeugs halt. Dazu kommen dann noch allerlei Zeichnungen und Striche, Punkte, Kästchen. Was man halt so malt, wenn man sich effizient von der Arbeit ablenken will.

Doch dann kommen die ganzen Sprüche. Anscheinend sind diese Unterlagen-Zettel die Vorstufe zu meinem Blog (zumindest zu dem Blog, das es am Beginn war). Wer sich mit diesen Zetteln hinsetzt, und genau schaut bekommt einen interessanten Abriss über meine damalige Psyche. Ein Ritt in den Abgrund...

Zum einen lamentier ich darüber wie sehr mich die Arbeit nervt:
Hate this and I'll love you - eine Textzeile von Muse
this job _IS_ killing me ... (to slow)
Just shoot me!
oder kurze Listen, wo ich mir vorzähle wie lange der Arbeitstag noch dauert, etc. Gut, dass das für jeden ersichtlich mitten auf meinem Arbeitsplatz lag...

Dann scheine ich die ganze Zeit Angst davor zu haben WhiteMage (meine damalige Freundin) zu verlieren - oder sie bereits verloren zu haben. Dazwischen steht dann mal wieder wie großartig sie nicht ist, bzw wie unverständlich Frauen im allgemeinen sind.

Und dann kommen diese ganzen 'düsteren' Meldungen. Zum einen hatte ich damals scheinbar noch meine Unsterblichkeits/Unendlichkeitsphantasien, die natürlich auch ihren Ausdruck fanden.
'schmeck die Bitterkeit des Seins'
'life is just a nasty series of unfortunate happenings...'
'I'm deaths bitch'
'burn my soul'
Vieles ist nur durch die umliegenden Zeichnungen und Skizzen zu verstehen oder eben die Gesamtkomposition. Der allgemeine Grundton ist jedoch meist eben sehr finster. Immer wieder kehrt das Thema, dass es alles ziemlich aussichtlos ist.

Dann gibt es da noch VIMH. Ich hab einige Zeit gebraucht um das zu rekonstruieren, da ich natürlich keine Erinnerungen mehr daran habe, aber dieses 4-Letter-Acronym wurde letztlich erfolgreich als "Voice in my head" erkannt. Den Zetteln nach dürfte mich VIMH eine Zeitlang ziemlich geplagt haben, nachdem ich mich zwischen WM und der Pfirsichlady entschieden hatte. VIMH war offensichtlich der Meinung ich hätte mich falsch entschieden und das findet sich dann eben auf der Unterlage wieder:
"Kiss her.", the voice in my head whispered.
"Kiss her!", the voice didn't stop, even after she had left.
"Kiss her!" ...the voice in my head... "You should've done it" ...seemed angry.
usw.

Im Großen und Ganzen werfen diese Unterlage-Bögen als stumme Zeitzeugen ein ganz anderes Licht auf mein damaliges Leben, als ich es in Erinnerung habe. Ich kann mich nicht erinnern mich so zerissen, verloren, alleine und unglücklich gefühlt zu haben, wie es diese Seiten darstellen. Was entweder daran liegt, dass ich mit dem Kuli nur übertrieben habe, oder es einfach verdrängt und vergessen habe. Schliesslich führe ich die letzten Jahre über eigentlich ein Leben, mit dem ich recht zufrieden bin.

Ich werde sie auf alle Fälle weiterhin aufheben. Wenn ich erstmal berühmt bin, kann ich sie ja als Frühwerke und Gesamtkunstwerke bezeichnen :) Immerhin sind da teilweise sogar Zeichnungen extra aufgepickt, und meine Zeichenstudien wie man eine Hundeschnauze zeichnet erstreckt sich auch ziemlich unhübsch über eines der Blätter. Vielleicht dient es mir später auch einfach nur als Manifest, dass zeigt was passiert, wenn man einer Arbeit nachgeht die einem keinen Spass macht...

- BM out -
 

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